Gedenkstätte für die in der Shoah ermordeten jüdischen Kinder, Frauen und Männer aus Österreich eröffnet
Presseaussendung des Bundeskanzleramt vom 9. November 2021
Am 9. November, dem 83. Jahrestag der Terrornacht der Novemberpogrome von 1938, wird die Shoah Namensmauern Gedenkstätte im Ostarrichipark eröffnet. Auf Initiative des aus Österreich stammenden Holocaust-Überlebenden Kurt Yakov Tutter und des Vereines zur Errichtung einer Shoah Namensmauern Gedenkstätte konnte in Zusammenarbeit mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) im Jahr 2018 mit der Umsetzung dieses wichtigen Erinnerungsprojektes begonnen und dieses nun fertiggestellt werden.
„Mit der Shoah Namensmauern Gedenkstätte setzt die Republik Österreich ein sichtbares Zeichen ihrer Verantwortung. Auf 160 Namensmauern sind die Namen der Opfer in Stein eingemeißelt. Damit geben wir ihnen ihren Namen und damit zumindest einen Teil ihrer Würde zurück. Und wir führen uns vor Augen, dass hinter den 64.440 Namen einzelne Menschen – Kinder, Mütter, Väter und Nachbarn – mit individuellen Geschichten und menschlichen Schicksalen stehen. Diese Gedenkstätte ist ein Ort, der den Nachfahren die Möglichkeit gibt, ihrer Angehörigen zu gedenken. Und sie soll ein Ort sein, der den Besucherinnen und Besuchern das Ausmaß des Menschenhasses der Nationalsozialisten vermitteln soll. Ein besonderer Dank gilt vor allem Kurt Yakov Tutter, der sich mit großer Beharrlichkeit der Verwirklichung dieses Projekts verschrieben hat“, sagt Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler anlässlich der Eröffnung. „Wir sollten uns und kommenden Generationen immer wieder bewusst machen, zu welchen Grausamkeiten der Mensch fähig ist. Gerade deshalb gilt es dafür einzutreten, dass das gemeinsame Europa für immer ein Ort des Friedens und der Freiheit bleibt“, so Edtstadler.
Die auf den Shoah Namensmauern verewigten 64.440 Namen beruhen auf der Opferdatenbank des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW). Der wissenschaftliche Leiter des DÖW, Gerhard Baumgartner, sagt: „Wir gratulieren im Namen all unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kurt Yakov Tutter und seinen MitstreiterInnen zum Erfolg seiner jahrzehntelangen Bemühungen um die Errichtung einer Shoah Namensmauern Gedenkstätte. Es erfüllt uns mit Stolz, dass es uns durch unsere langjährigen Forschungen gelungen ist, die genauen Namen und Daten von über 64.440 österreichischen Opfern der Shoah zu dokumentieren und so zum Gelingen dieses großen Erinnerungsprojektes beizutragen.“
Die Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, Hannah Lessing, sagt: „Die Shoah Namensmauern Gedenkstätte gibt den Opfern einen Platz im kollektiven Gedächtnis. Sie ist eine Einladung, an die Familien der Opfer und an alle Menschen in Österreich: Kommt und gedenkt! Erinnert Euch an ihre Schicksale und ehrt ihr Leben! Die Gedenkstätte ist zudem ein Ort mit großer suggestiver Kraft: Wenn man im weiten Oval der Granittafeln steht, umgeben von den 64.440 eingravierten Namen, erahnt man erst, welch gewaltigen Verlust der Holocaust mit sich gebracht hat: Die steinernen Stelen machen jedes einzelne Opfer sichtbar, jeden einzelnen Namen fühlbar, die 64.440 geraubten Leben begreifbar. Die bloßen Zahlen werden immer unfassbar sein. Die Namen jedoch erreichen die Herzen. Es ist eine beeindruckende Mahnung, solche Verbrechen nie wieder zuzulassen.“
Der Initiator Kurt Yakov Tutter ist 1930 in Wien geboren. 1939 flüchtete er mit seiner Familie nach Belgien. Seine Eltern wurden 1942 aus Brüssel nach Auschwitz deportiert. Eine belgische Familie in Gent versteckte Kurt und seine Schwester Rita und rettete ihnen so das Leben. 1948 wanderte Kurt Tutter nach Kanada aus, er wohnt seither in Toronto.
Die gestalterische Planung und Realisierung der Gedenkstätte erfolgte durch Wehofer Architekten ZT GmbH. Für die Durchführung des Projekts wurde die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. mit der Bauabwicklung beauftragt. Der Nationalfonds der Republik Österreich wurde mit der Verwaltung der Finanzen einschließlich der öffentlichen Subventionen, der Spenden und der Ausgaben betraut.
Das Erinnerungsprojekt wurde von der Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern, der Stadt Wien und der Österreichischen Nationalbank unter Schirmherrschaft des Nationalratspräsidenten umgesetzt. Der wesentliche Teil der Finanzierung erfolgt durch die Bundesregierung, in Folge einer entsprechenden Zusage des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz 2018. Zudem haben die Bundesländer sowie die Industriellenvereinigung einen Beitrag zur Realisierung des Projekts geleistet. Die Projektkosten in Höhe von rund 5,3 Mio. Euro wurden mit Beiträgen aller beteiligten Stellen finanziert.