Interview Erich Kussbach

Hon.-Prof. DDr. Dr.h.c. Erich Kussbach LL.M., Botschafter i.R. war rund 20 Jahre lang Mitglied der Schiedsinstanz für Naturalrestitution. Am 5. Mai 2024 feierte er seinen 93. Geburtstag.

Als sich Österreich 2001 verpflichtete, offene Fragen der Entschädigung und Restitution von Vermögen, das während der NS-Zeit entzogen worden war, zu lösen, wurde unter anderem eine unabhängige, dreiköpfige „Schiedsinstanz für Naturalrestitution“ eingerichtet, die Anträge auf Rückstellung von entzogenem Vermögen im öffentlichen Eigentum prüfte. Von österreichischer Seite wurde Botschafter Erich Kussbach als Mitglied der Schiedsinstanz nominiert.

Erich Kussbach blickt auf eine bewegte Familiengeschichte zurück. Sein Vater, Dr. Franz Kussbach, war in der Zwischenkriegszeit Rechtsanwalt in Ungarn. Er verhalf während der Besetzung Ungarns durch das Deutsche Reich vielen jüdischen Berufskollegen und Freunden zur Flucht und wurde 1944 von der Gestapo in das KZ Dachau deportiert. Er entging nur durch Glück und Zufall seiner Ermordung auf einem Todesmarsch.

Erich Kussbach selbst entkam im Zuge des ungarischen Volksaufstandes 1956 auf spektakuläre Art und Weise den sowjetischen Besatzern. Als vermeintliches Mitglied eines Teams von Helfern des Roten Kreuzes konnte er per Rettungsflugzeug fliehen. Erst später wurde ihm klar, dass ihn der Flug nicht nur aus der Gefahrenzone, sondern über die Landesgrenze nach Österreich gebracht hatte. Somit war er einer der ersten Flüchtlinge aus Ungarn des Jahres 1956.

1963 trat Kussbach in den diplomatischen Dienst Österreichs ein, war zuletzt Botschafter in Ungarn und bis 1996 ständiger Vertreter bei der Internationalen Donaukommission. Er war Honorarprofessor für Humanitäres Völkerrecht der Universität Linz und Professor für Völkerrecht an der Katholischen Pázmány Péter Universität Budapest.

Das folgende Interview wurde am 10. August 2022 in Laxenburg mit zwei Mitarbeiter:innen der ehemaligen Geschäftsstelle der Schiedsinstanz, Susanne Helene Betz und Peter Stadlbauer, geführt. Die Bearbeitung erfolgte durch Susanne Helene Betz, Florin Buttinger, Simon Effenberger, Sarah Fink, Claire Fritsch, Martin Niklas und Peter Stadlbauer.